
Im Jahr 1821 hat Goethe das Schema seines naturwissenschaftlichen Entwicklungsgangs entworfen. In Stichworten korreliert er das eigene Leben mit der dynamischen Entwicklung der Naturforschung zwischen 1750 und 1820 und stellt dabei heraus, was er dem wissenschaftlichen Umfeld seiner Epoche zu verdanken hat:
»Schönes Glück die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts durchlebt zu haben.
Großer Vortheil gleichzeitig mit großen Entdeckungen gewesen zu sein.
Man sieht sie an als Brüder, Schwestern, Verwandte, ja in so fern man selbst mitwirkt, als Töchter und Söhne.
Kurz vor meiner Geburt erregte die Elektricität neues Interesse.
Erweiterung dieses Capitels.
Versuch theoretischer Ansichten.
Erfindung der Wetterableiter.
Freude der geängstigten Menschen darüber.
Gestört durch das Erdbeben von Lissabon.
Hausfreund, gegen Elektricität gewendet.
Eigene kindische Bemühungen.
Sehr bald gegen die sichtbare Natur gewendet.
Kein eigentlich scharfes Gesicht.
Daher die Gabe die Gegenstände anmuthig zu sehen.
Wachsende Objectivität.
Aufmerksamkeit auf Sonnenuntergang.
Die farbig-abklingende Helle.
Farbige Schatten.
Andere Naturphänomene.
Regenbogen.
Eigentlich ein dunkler Kreis mit farbigen Säumen.
In Leipzig Winklers Physik.
Zu Hause alchemistisches Tasten.
Große Pause durch jugendliche Leidenschaften ausgefüllt.
Eigentliches Beginnen.
In Weimar.
[…]
Großer Vortheil des successiven Erkennens.
[…]
Vortheil nicht vom Metier zu sein.
Man hat nichts Altes festzuhalten, das Neue nicht abzulehnen, noch zu beneiden.
Ich suchte mich jedesmal der einfachsten Erscheinung zu bemeistern und erwartete die Mannichfaltigkeit von andern. [...]« (WA II 9, 299 ff.])
Wenige Jahre später heißt es bei Eckermann (Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens) unter dem Datum des 1. Februar 1827:
»Wenn ich aber in denen Gegenständen, die in meinem Wege lagen, etwas geleistet, so kam mir dabei zu gute, daß mein Leben in eine Zeit fiel, die an großen Entdeckungen in der Natur reicher war als irgend eine andere. […] Und so folgte durch mein ganzes Leben, bis zu dieser Stunde, eine große Entdeckung der andern; wodurch ich denn nicht allein früh auf die Natur hingeleitet, sondern auch später immer fort in der bedeutendsten Anregung erhalten wurde.«